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Fachtagung der AG Strafvollzug und Bewährungshilfe

Haftnotizen der Zivilgesellschaft. Einblicke in Angebote der Demokratieförderung und Extremismusprävention im Justizvollzug

Der bundesweite Fachtag der AG Strafvollzug und Bewährungshilfe „Haftnotizen der Zivilgesellschaft. Einblicke in Angebote der Demokratieförderung und Extremismusprävention im Justizvollzug“ findet am 7. März 2024 in Berlin (und im Livestream) statt.

Am Vormittag des Fachtags diskutieren Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis den aktuellen Stand und die Zukunft der drei zentralen Aufgabenfelder: Angebote für Inhaftierte, die Arbeit mit Fachkräften sowie die Organisationsberatung und Strukturentwicklung in Strafvollzug und Bewährungshilfe. Interaktive Workshops und Vorträge der AG-Mitglieder zeigen am Nachmittag Erfolge und Herausforderungen der pädagogischen Praxis auf.

​​​​​​​Zum Fachtag eingeladen sind Fachkräfte aus der zivilgesellschaftlichen Praxis, Wissenschaftler*innen und Mitarbeitende aus Ministerien, Justizvollzugsanstalten, Sicherheitsbehörden, Bewährungs- und Jugendgerichtshilfe, den Fachkoordinierungsstellen Extremismus sowie Landesdemokratiezentren.

Die Teilnahme am Fachtag ist kostenfrei.

Die Veranstaltung findet in Berlin statt und wird zusätzlich live im Internet gestreamt.

Anschrift: „silent green“, Gerichtstraße 35, 13347 Berlin-Wedding

Livestream: Den Link zur Online-Veranstaltung erhalten Sie in der Woche vor der Veranstaltung per E-Mail.

Bitte melden Sie sich zu der Veranstaltung – sowohl in Berlin als auch im Internet – unter folgendem Link an: https://eveeno.com/216184039

Die Platzzahl ist begrenzt, deshalb freuen wir uns über frühzeitige und verbindliche Anmeldungen.

Die Plätze für den Livestream (eingeschränktes Nachmittagsprogramm; keine freie Wahl von Workshops bzw. Inputs) sind unbegrenzt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Dörthe Engels (Projektkoordination) und Franziska Kreller (Projektleitung) unter: hallo@ag-strafvollzug-und-bewaehrungshilfe.de

 


 

Programm (Stand: 4. März 2024)

(Das Nachmittagsprogramm wird im Livestream nur eingeschränkt übertragen; Workshops bzw. Inputs sind für die Online-Teilnehmenden nicht frei wählbar.)

 

Moderation:  Tina Dürr (Philipps-Universität Marburg)

ab 9.00 Uhr Registrierung zum Fachtag und Begrüßungskaffee

10.00 Uhr Begrüßung durch die Moderation des Fachtags (Tina Dürr, Philipps-Universität Marburg)

10.10 Uhr Video-Botschaft der Bundesfamilienministerin (Lisa Paus, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)

10.20 Uhr Einführung in den Fachtag (Franziska Kreller, Projektleiterin AG Strafvollzug und Bewährungshilfe/Violence Prevention Network gGmbH)

10.30 Uhr Keynotes und Podiumsdiskussion mit Fragen aus dem Publikum

Bill Borchert, Leiter der Jugendstrafanstalt Berlin

Prof. Dr. Jens Borchert, Hochschule Merseburg

Dr. Maruta Herding, Programmevaluation „Demokratie leben!“/Deutsches Jugendinstitut e. V.

Pascal Höhn, Sozialassistent in Ausbildung und ehemaliger Inhaftierter

12.00 Uhr Mittagspause

13.00 Uhr Workshop- und Vortragsphase I

Workshop 1: „Distanzierungsberatung in der Untersuchungshaft – dünnes Eis oder große Chance?“ (André Taubert, Ambulante Maßnahmen Altona e. V.)

Workshop 2: „Weisung und Widerstand“ (Peter Anhalt, Violence Prevention Network gGmbH)

Workshop 3: „Politische Bildungsreihe in Haft: Die ,5-Begriffe-Übung‘ – Eine Reflexionsübung in Extremsituationen“ (Önder Ünal, Violence Prevention Network gGmbH)

Input mit Austausch 1: „Angehörigenarbeit in der Straffälligenhilfe? Na, Klar!“ (Prof. Dr. Selin Arikoğlu, OYA e. V.)

Input mit Austausch 2: „Radikalisierungsprävention psychodynamisch. Das Innen verstehen, um im Außen zu intervenieren“ (Sophie Krause und Winnie Plha, Denkzeit-Gesellschaft e. V.) (auch im Livestream)

Input mit Austausch 3: „Organisationsentwicklung als Baustein nachhaltiger Prävention“ (Lena-Marie Feld und Karin Meißner, Forschungs- und Transferstelle Gesellschaftliche Integration und Migration/fitt gGmbH)

14.15 Uhr Kaffeepause

14.45 Uhr Workshop- und Vortragsphase II

Workshop 4: „Chance und Herausforderung: Familie als Bezugssystem inhaftierter Personen“ (Solomon Caskie und Sally Hampe, Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein e. V.)

Workshop 5: „Erinnerungspolitische Kämpfe. Was prägt unsere Erinnerung an die NS-Geschichte?“ (Roman Guski, Dr. Katinka Meyer und Jona Schapira, Anne Frank Zentrum e. V.)

Workshop 6: „Selbstfürsorge und -stärkung im beruflichen Kontext“ (Rosa Dreyhaupt und Marvin Kraft, Violence Prevention Network gGmbH)

Input mit Austausch 4: „Erfahrungen aus der digitalen Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen“ (Yasmin Mergen, Drudel 11 e. V.)

Input mit Austausch 5: „Angebote der Demokratiebildung und Extremismusprävention für weibliche, inter-, trans- und nicht-binäre Gefangene“ (Marie Baumgarten und Jennifer Kreckel, Wertzeug e. V.)

Input mit Austausch 6: „Beratungen im Zwangskontext“ (Tore Fuchs und Esther Winter, CJD e. V., Kurswechsel) (auch im Livestream)

16.00 Uhr Abschluss des Fachtags im Plenum mit Eindrücken aus den Workshop- und Vortragsphasen (Tina Dürr, Philipps-Universität Marburg)

16.30 Uhr Ende des Fachtags

Orhan Şenel, Violence Prevention Network gGmbH, begleitet den Fachtag mit dem Kanun, einer türkisch-arabischen Zither.

 


 

Workshops und Inputs mit Austausch

(Das Nachmittagsprogramm wird im Livestream nur eingeschränkt übertragen; Workshops bzw. Inputs sind für die Online-Teilnehmenden nicht frei wählbar.)

 

Workshop 1

„Distanzierungsberatung in der Untersuchungshaft – dünnes Eis oder große Chance?“

André Taubert, Ambulante Maßnahmen Altona e. V.

Bei der Distanzierungsberatung im Kontext von Untersuchungshaft gibt es verschiedene Hürden: Mangels Zeugnisverweigerungsrechts besteht die Gefahr, vor Gericht als Zeuge geladen zu werden, weshalb alles Tatrelevante ausgeklammert bleiben muss; mancherorts finden entsprechende Gespräche nur unter LKA-Überwachung statt oder werden gerichtlich komplett untersagt bzw. die Präventionsprojekte entscheiden sich selbst dafür, erst bei Beginn der Strafhaft mit den Klient*innen ins Gespräch zu gehen. Dabei ist ein früher Einstieg in Beratungsgespräche für deren Erfolg sehr entscheidend; Klient*innen berichten später, dass sie in dieser Zeit den höchsten Hilfe- und Gesprächsbedarf hatten. In dem Workshop wird der Umgang mit diesen Dilemmata diskutiert.

 

Workshop 2

„Weisung und Widerstand“

Peter Anhalt, Violence Prevention Network gGmbH

Klient*innen, die auf Weisung mit Mitarbeitenden der Distanzierungs- und Ausstiegsberatung arbeiten müssen und sollen, befinden sich fast automatisch im Widerstand. Doch auch in anderen Settings werden Klient*innen immer wieder an eigene Grenzen gestoßen, die auch Widerstand auslösen können. Der Workshop beschäftigt sich mit dem Phänomen des Widerstandes: Was bedeutet er, woher kommt er und wie lässt sich professionell mit ihm umgehen?

 

Workshop 3

„Politische Bildungsreihe in Haft: Die ,5-Begriffe-Übung‘ – eine Reflexionsübung in Extremsituationen“

Önder Ünal, Violence Prevention Network gGmbH

Workshops der politischen Bildung sind zentrale Maßnahmen der Demokratieförderung und Extremismusprävention im Strafvollzug. Die „5-Begriffe-Übung“ ist eine einzigartige und tiefgründige Reflexionsübung: Sie versetzt die Teilnehmenden in eine Extremsituation, um sie erfahren zu lassen, was in ihrem Leben wirklich von Bedeutung ist. Inspiriert von den Entscheidungen, die Menschen in kritischen Momenten treffen müssen, zielt diese Übung darauf ab, die Werte und Prioritäten jedes Einzelnen zu klären.

 

Workshop 4

„Chance und Herausforderung: Familie als Bezugssystem inhaftierter Personen“

Solomon Caskie und Sally Hampe, Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein e. V.

Angehörige können als Bezugssystem inhaftierter Personen eine wichtige Rolle in der Präventionsarbeit spielen. Die Referentin arbeitet zusammen mit den Teilnehmenden des Workshops verschiedene Thesen heraus, die Rückschlüsse auf die Praxis zulassen. Mit Hilfe eines Perspektivwechsels der Teilnehmenden wird das Thema Angehörigenberatung bzw. -arbeit tiefergehend betrachtet.

 

Workshop 5

„Erinnerungspolitische Kämpfe. Was prägt unsere Erinnerung an die NS-Geschichte?“

Roman Guski, Dr. Katinka Meyer und Jona Schapira, Anne Frank Zentrum e. V.

Das Anne Frank Zentrum wendet selbst entwickeltes Lernmaterial zum Thema Erinnerungskultur in Haftanstalten als Angebot der historisch-politischen Bildungsarbeit an. Das Material wurde für die Bildungsarbeit im Strafvollzug konzipiert, ist in klarer Sprache verfasst und anschaulich illustriert. Thematisiert werden u. a. Nachkriegsprozesse und „vergessene“ Opfergruppen. Durch verschiedene Perspektiven und persönliche Zugänge zu Erinnerung und Aufarbeitung wird deutlich, dass Erinnerungskultur nicht gegeben, sondern gesellschaftlich situiert und veränderbar ist. Die Teilnehmenden lernen verschiedene Formen des Erinnerns kennen und werden ermutigt, eigene Fragen und Positionen zur Erinnerungskultur zu entwickeln. Im Workshop wird die Methode „Zäsuren der Erinnerungskultur“ vorgestellt, um über Vergangenheits- und Gegenwartsdeutungen sowie eine inklusive, lebendige Erinnerungskultur in der Zukunft ins Gespräch zu kommen.

 

Workshop 6

„Selbstfürsorge und -stärkung im beruflichen Kontext“

Rosa Dreyhaupt und Marvin Kraft, Violence Prevention Network gGmbH

Besonders in sozialen Berufen sehen sich Menschen einem erhöhten Risiko gegenüber, sowohl von Burnout als auch von einer sekundären Traumatisierung betroffen zu sein. Dies ergibt sich aus der teils intensiven Auseinandersetzung mit potenziell traumatischen Erlebnissen und Gewalterfahrungen, die das Klientel im Bereich der Extremismusprävention mit sich bringt. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass in diesem Berufsfeld tätige Personen lernen, ihre eigenen Grenzen zu erkennen und kontinuierlich auf die eigene Psychohygiene zu achten. Die im Rahmen des Workshops geplanten Übungen sollen den Teilnehmenden hierbei praktische Werkzeuge für den Umgang mit Stress und Belastungssituationen im beruflichen Alltag vermitteln.

 

Input mit Austausch 1

„Angehörigenarbeit in der Straffälligenhilfe? Na, Klar!“

Prof. Dr. Selin Arikoğlu, OYA e. V.

Angehörigen von straffällig gewordenen Menschen wird in der Gesellschaft und der Wissenschaft wenig empathisches Interesse entgegengebracht. Zudem werden sie häufig mit dem straffälligen Verhalten des*der Lebenspartners*in oder des Kindes in einen moralischen Kontext gestellt. Die Angehörigen sind den gesellschaftlichen und familiären Ansprüchen und Erwartungen ungewollt ausgesetzt. Der Vortrag verleiht ihnen eine Stimme und zeigt Unterstützungsmöglichkeiten auf.

 

Input mit Austausch 2 (auch im Livestream)

„Radikalisierungsprävention psychodynamisch. Das Innen verstehen, um im Außen zu intervenieren “

Sophie Krause und Winnie Plha, Denkzeit-Gesellschaft e. V.

Die Arbeit der Denkzeit-Gesellschaft e. V. basiert auf einem psychodynamisch-pädagogischen Ansatz. Im Vortrag wird auf ausgewählte Funktionen der Selbst- und Beziehungsregulation (wie Selbstwertregulation oder Umgang mit Schuldgefühlen) fokussiert. In der anschließenden Diskussion soll ein Zugang zu den Innenwelten der Klient*innen über Selbstreflexion geschaffen werden.

 

Input mit Austausch 3

„Organisationsentwicklung als Baustein nachhaltiger Prävention“

Lena-Marie Feld und Karin Meißner, Forschungs- und Transferstelle Gesellschaftliche Integration und Migration/fitt gGmbH

Radikalisierungsrisiken innerhalb von Institutionen und Strukturen werden nicht nur durch individuelles Handeln bedingt, sondern liegen auch in strukturellen Praxen, Regelungen und Rahmungen verankert. In dem Vortrag mit anschließendem Austausch wird die Rolle diskriminierungskritischer Organisationsentwicklungsstrategien zur nachhaltigen Radikalisierungsprävention beleuchtet. Es werden Einblicke in Anspruch, Herausforderungen und Umsetzungserfahrungen gegeben.

 

Input mit Austausch 4

„Erfahrungen aus der digitalen Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen“

Yasmin Mergen, Drudel 11 e. V.

Welche Chancen bieten digitale Ansätze in der Straffälligenhilfe, welche Herausforderungen bergen sie? Anhand der Erfahrungen des Projektes CLICK! mit seinen Schwerpunkten Gewalt- und Rechtsextremismusprävention werden die Möglichkeiten der digitalen Arbeit in ambulanten und stationären Settings beleuchtet.

 

Input mit Austausch 5

„Angebote der Demokratiebildung und Extremismusprävention für weibliche, inter-, trans- und nicht-binäre Gefangene“

Marie Baumgarten und Jennifer Kreckel, Wertzeug e. V.

Weibliche, inter-, trans- und nicht-binäre Gefangene sind im Justizvollzug quantitativ in der Minderheit. Dennoch braucht es auch für diese Zielgruppe adäquate Angebote der Demokratiebildung und Extremismusprävention. Der Vortrag wirft Schlaglichter auf Notwendigkeiten, Bedingungen, Chancen und Herausforderungen einer geschlechterreflektierten Extremismusprävention, die sich an weibliche, inter-, trans- und nicht-binäre Gefangene richtet.

 

Input mit Austausch 6 (auch im Livestream)

„Beratungen im Zwangskontext“

Tore Fuchs und Esther Winter, CJD e. V.

Das Beratungsangebot „Kurswechsel“ stellt sein Konzept zu Interventionsberatungen bei Weisungen und Auflagen im justiziellen Kontext vor. Unter Berücksichtigung des Zwangskontextes sowie fehlender oder abgestufter Freiwilligkeit werden Verfahrensstandards bestimmt, Herausforderungen und Spannungsfelder wie auch Chancen herausgestellt.

 

07.03.2024

9.00 bis 16.30 Uhr

„silent green“, Gerichtstraße 35, 13347 Berlin (und im Livestream)