Die Mitglieder der AG Strafvollzug und Bewährungshilfe haben in einem gemeinsamen Prozess Qualitätskriterien und Standards entwickelt und diese im Jahr 2021 in der Publikation
„AG Strafvollzug und Bewährungshilfe – Qualitätskriterien und Standards“ (2. Auflage 2023) veröffentlicht.
Die AG Strafvollzug und Bewährungshilfe wurde 2017 mit Start der Fördersäule J „Modellprojekte zur Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe“
im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ (BMFSFJ) gegründet. In enger Abstimmung mit den jeweiligen Landesjustizministerien und den Landes-Demokratiezentren geht es bei den Projekten in diesem Programmbereich darum, präventiv-pädagogische Angebote für inhaftierte jugendliche Straftäter*innen zu schaffen und sie im und nach dem Strafvollzug unterstützend zu begleiten. Weiterhin werden Ansätze der Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit für bereits ideologisch radikalisierte Inhaftierte gefördert.
Der Programmbereich ist phänomenübergreifend angelegt und sieht zudem die Förderung von Projekten zur Qualifizierung und Fortbildung von Personal in den Gefängnissen zum Umgang mit Radikalisierten und Radikalisierungsgefährdeten vor.
Der pädagogische Auftrag der Mitglieder wird von einem demokratischen Selbstverständnis geleitet, dessen Basis die allgemeine Erklärung der Menschenrechte darstellt.
Im Fokus der Arbeit stehen der Mensch und seine Lebenswelt. Ein systemischer Blick ist für die Fallentwicklung unerlässlich. Die Werte Diversitätskompetenz, Vielfaltgestaltung, Gendersensibilität, Überparteilichkeit sowie die Ressourcenorientierung sind weitere Bausteine, die sich auch in der Haltung der Berater*innen und in der Trägerqualität widerspiegeln.
Arbeit in geschlossenen Systemen wie dem Justizvollzug ist eine Besonderheit, die auch Auswirkungen auf die Gestaltung der Maßnahmen hat. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen Vertrauen – als Basis einer belastbaren Arbeitsbeziehung mit Klient*innen – und Sicherheit, die das Leben im Haftalltag prägt und charakterisiert. Die Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit werden maßgeblich von einem hierarchischen Verhältnis beeinflusst, das wiederum eine hohe Flexibilität der Berater*innen erfordert. Kompetentes Handeln ist zudem gefragt, wenn es darum geht, Kooperationsbereitschaft unter den beteiligten Akteur*innen in der Haftanstalt herzustellen. Denn nicht selten wird die Etablierung von Maßnahmen der Extremismusprävention und Distanzierungsberatung mit einem Problemeingeständnis gleichgesetzt. Ähnliches gilt für den pädagogischen Anspruch der freiwilligen Teilnahme an Maßnahmen, wenn eine Distanzierungsberatung als Weisung angeordnet wird. Hier ist es Aufgabe der Berater*innen, die innere Motivation zur Veränderung bei den Klient*innen zu wecken, zu unterstützen und zu stärken. Dies erfordert Kompetenz und Erfahrung im Umgang mit herausfordernden und mehrfach belasteten Menschen. Es herrscht oft Misstrauen gegenüber Mitarbeiter*innen des Vollzuges, weil sie als Teil des „Systems“ wahrgenommen werden. Den Berater*innen der zivilgesellschaftlichen Träger kommt deshalb eine besondere Rolle zu, weil sie in der Lage sind, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die für viele anstaltsinterne Angebote kaum oder nur schwer zu erreichen sind.